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Freitag, 16. Juni 2017

9 Dinge, die ich in 9 Monaten Ausland gelernt habe



Morgen geht es für mich zurück nach Deutschland, deswegen hier mein Fazit dieses Auslandsjahres in dieser tollen Form.



1.      So ein Auslandsjahr wird nicht von alleine gut; da muss man auch selber was für tun.



Ich gebe zu, dass ich auch zu diesen Menschen gehört habe, die Auslandsaufenthalte als Allheilmittel betrachten. Und dass ich ziemlich enttäuscht war, als ich nach fünf Monaten noch nicht wie ein Muttersprachler gesprochen habe, noch nicht 50 enge Freunde hatte, noch kein komplett anderer Mensch geworden bin und ich nicht jeden Tag ein neues Abenteuer erlebt habe. Abgesehen davon, dass realistische Zielsetzung eh nicht so meins ist, musste ich erkennen, von nichts kommt nichts, und das gilt auch im Ausland. 


In dem geheimnisvollen Wald in der Bretagne
Noch mehr Bretagne
Skifahren mit Saskia in den Alpen
Einer der Wochenendausflüge mit Pia: Gent
Abendliches Joggen in der Zitadelle in Lille



2.      Es gibt leckeres Bier: in Lille.



So lecker, dass ich mich sogar dafür interessiere, warum es hier so viel besser schmeckt, und mir deshalb zurzeit verschiedene Themen der Bierbrauerei anlese.  




3.      Unterrichten kann Spaß machen.



Natürlich unter den richtigen Voraussetzungen. Eine kleine Gruppe lieber, witziger, intelligenter, interessierter und in manchen Fällen sogar sehr motivierter Studenten in ihrer freiwillig gewählten dritten Fremdsprache zu unterrichten und für die Unterrichtsvorbereitung bezahlt zu werden und genug Zeit zu haben, ist eben noch mal etwas ganz anderes als einer riesigen Klasse unkonzentrierter, pubertärer Teenager den Inhalt des Rahmenplans ihrer ersten Fremdsprache aufzuzwängen. Letztere Situation hat mich in meiner Schulzeit sehr vom Lehrerberuf abgeschreckt und mich zögern lassen, diese Aufgabe hier anzunehmen. Unsere Art des Unterrichtens hat mir aber überraschenderweise sehr viel Spaß gemacht. Es war für mich der Arbeitsbereich, bei dem ich am meisten gelernt habe: übers Unterrichten, aber auch viel über meine eigene Sprache. Warum sagen wir das im Deutschen so? Warum verstehen Franzosen das eine Phänomen sofort und das andere gar nicht? Woran liegen die immer gleichen Fehler? Was sagen die grammatikalischen Unterschiede unserer Sprachen über unsere Mentalitäten? Wie viel Stoff kann ich den Schülern beibringen, damit sie möglichst viel lernen, ohne dass sie alles wieder vergessen oder an der Sprache verzweifeln? Es war natürlich umso interessanter, dass wir einen studierten Linguisten und ehemaligen Dolmetscher als unseren Tutor hatten und uns im gemeinsamen Büro regelmäßig in endlosen Diskussionen wiedergefunden haben, insbesondere über deutsche und französische Sprache und Mentalität, aber auch beispielsweise über Türkisch oder Chinesisch. Und wie glücklich man wird, wenn der ein oder andere Schüler das Interesse teilt und ganz verzückt verkündet, wie sinnvoll doch Dativ und Akkusativ sind, dass man im Französischen manchmal einen Unterschied gar nicht ausdrücken kann und wie das wieder für die klischeehafte Genauigkeit der Deutschen spricht.

Ehemalige Textilfabrik und Schwimmbad und jetziges Museum "La Piscine"
Und meine Euphorie in einem anderen Museum



4.      Unter Menschen zu sein



Schlecht ausgedrückt, aber interessant. Ich habe mich öfter mit Pia darüber unterhalten. Pia war in Deutschland dank zahlreicher Freizeitaktivitäten und eines engen Familienbands immer unter Leuten; ich dagegen habe schon immer auch viel Zeit für mich gebraucht und sie mir genommen. Hier in Frankreich war ich gefühlt 24/7 in Gesellschaft. Auf der Arbeit was insbesondere Pia jede Minute der sieben Stunden an meiner Seite, aber auch sonst waren wir mit der Cafeteria und dem Unterricht oft mit vielen Menschen in Kontakt. Sport habe ich erst am Ende manchmal allein gemacht, wie ich es gerne mag. Den Rest des Jahres war ich beim Hockey, Rock und Hiphop in einer Gruppe, bei den Fitnesskursen unter Leuten und sowieso oft mit Pia überall, am Ende viel mit ihr joggen. Sobald ich im Wohnheim war, waren dort logischerweise wieder viele Menschen, auf den vielen Partys im und ums Wohnheim sowieso. Am ICAM kennen uns alle, und auch außerhalb treffen wir oft auf Leute, die wir kennen, oder die uns kennen. Ich habe dann meine Abende immer bei Charles verbracht, wir waren entweder zu zweit oder mit seinem Bruder bei ihm, oft abends noch mit Freunden aus und auch öfter bei seinen Eltern. Pia hat mich ab da abends nicht mehr so oft gesehen, dann öfter was mit Freunden gemacht, aber musste auch lernen, mal Abende allein zu verbringen. Auf Partys fühlte sie sich gleich wohl, während ich nach einer Stunde erschöpft für ein bisschen Ruhe zu haben wäre. Auch nicht wenig Konfliktpotenzial, aber dadurch haben wir beide gelernt, ein bisschen mehr unter Menschen bzw. allein sein zu können, aber auch zu verstehen, dass andere Menschen ganz andere Bedürfnisse haben, darauf Rücksicht zu nehmen und Kompromisse einzugehen.

Mit Pia auf der Gala (schon etwas fertig haha)
Auf einer der internationalen Partys
Eine der monatlichen Partys direkt in der Uni
Im Musée des Beaux-Arts



5.      Es ist sehr einfach, Bekanntschaften zu schließen, und sehr schwierig, richtige Freundschaften zu entwickeln.



Uns kennen alle, wir kennen viele. Kontaktscheu ist hier niemand, und so findet man oft in den immergleichen Smalltalksituationen wieder: Wie heißt du? Warum bist du hier? Woher kommst du? Warst du schon mal auf dem Oktoberfest? Ist das Bier hier oder in Deutschland besser? Wie lange lernst du schon Französisch? Was willst du nach dem Jahr machen? Hier kann man sich nicht aufhalten ohne Kontakte zu knüpfen.

Mit vielen unterhält man sich auch öfter, täglich im Cafet oder auf Partys. Wenn mich jemand fragen würde, wen ich hier so richtig gerne mag, könnte ich viele Namen nennen und lang war auch die Liste an Menschen, die wir für unsere Partys einladen wollten und/oder haben. Und auch wir werden regelmäßig auch zu privaten Partys eingeladen.

Trotzdem kann ich die Zahl derer, mit denen ich mal außerhalb vom icam und von Partys etwas unternommen habe, an zwei Händen abzählen. Die zweite Hand zählt dabei „nur“ Ausländer wie uns.

Niemand hat viel Zeit im Leben, die Studenten nicht und wir auch nicht. Zum Wochenende sind sie zudem zuhause bei ihren Eltern. Wir haben keinen Kurs zusammen, gehören keinem Jahrgang an. Am Anfang fiel es uns noch schwer, die vielen derben Witze zu verstehen oder einen ganzen Abend in einer lauten Bar der Unterhaltung zu folgen, und auch jetzt ist das noch nicht das Einfachste. Nach einem Jahr sind wir eh nicht mehr da. Und uns kennt ja jeder, irgendwer anders wird schon daran gedacht haben, uns Bescheid zu sagen. Freunde - ja haben wir, Bekannte - gefühlt tausende. Aber bei engen Freunden, denen ich mich anvertrauen könnte und mit denen ich mich regelmäßig privat treffe und auch schreibe, zählt dann wirklich nur noch eine Hand, und das auch eher schwerfällig. Aber auch da muss wieder auf die genannte Eigeninitiative verwiesen werden. Bestimmt würde die Hand schneller und mehr Freunde zählen, wenn es mir wichtiger gewesen wäre, und ich mehr darein investiert hätte. 

Mit dieser coolen Truppe haben wir uns um alles Internationale gekümmert.




6.      Wie sehr die gleiche Nationalität oder die gleiche Muttersprache verbindet, merkt man erst im Ausland.



Im ersten Semester waren so einige ausländische Studenten am ICAM. Mit einigen von ihnen, insbesondere einem Tschechen, einem Kongolesen, einer Kamerunerin und einer Deutschen haben wir uns richtig gut verstanden. Als wir uns kennengelernt haben, haben wir uns gleich über die bisous der Franzosen amüsiert und wir waren schnell ein gutes Team. Besonders mit dem Tschechen und der Deutschen konnten wir uns lange unterhalten, denn Französisch war für uns alle eine Fremdsprache, wir hatten die gleichen Probleme und wir kannten die gleichen Nationalgerichte, die es hier nicht gibt.

Im Januar war ich im Sprachencafé der staatlichen Uni in Lille und bin dort auf eine weitere Deutsche getroffen, wir sind uns gleich in die Arme gefallen, uns unser Leben erzählt und uns seitdem regelmäßig getroffen. Im März waren Pia und ich beim Sport und plötzlich spricht uns ein blondes Mädchen auf meinen Abi-Pulli an „Sag mal, seid ihr auch deutsch?!“. Von dem Moment an waren wir befreundet.

Und was war unser erster Gedanke als Pia und ich mit einer österreichischen Freundin ausgegangen sind? - Laden wir doch noch Luise und Veronika ein.

An unsere französischen Freunde haben wir ehrlich gesagt in dem Moment gar nicht gedacht.

Eigentlich ist das auch ganz normal. Man erkennt selten auf den ersten Blick, ob man den Charakter des Anderen mögen wird, aber man erkennt sofort die offensichtlichen Gemeinsamkeiten. Bunte Haare, die gleiche Tasche oder eben die gleiche Muttersprache. Und es tut wirklich gut, jemanden zu haben, der einen in all den Punkten versteht, in denen einen sonst niemand versteht. Diese Erfahrung behalte ich auf jeden Fall im Hinterkopf, bevor ich wieder darüber urteile, wenn sich Menschen mit Migrationshintergrund schlecht in unsere Gesellschaft integrieren und so viel unter sich bleiben.

Mit deutschsprachigen Seminarfreunden in Brüssel
Meine überbelichtete Wenigkeit und meine Lieblingsausländer
Seminarfreuden


7.      Was es bedeutet, Ausländer zu sein



Ohne Kommentar, aber mit kleinen Beispielen. Ganz im Wissen darüber, dass es auch noch mal etwas ganz Anderes ist, von einem anderen Kontinent zu kommen und die Sprache nicht zu sprechen und sich auch optisch abzuheben.



Gestern gehen Pia und ich in die Bank. Pia erklärt mit elegant gewählten Ausdrücken, was sie wohin überweisen will und warum das nur hier geht. Die gelangweilte Frau am Schalter hört einen Akzent heraus und fängt sicherheitshalber wieder von vorn an. „Ich brauche den Per-so-nal-aus-weis.“ artikuliert sie überdeutlich und langsam, damit wir auch ja dieses Wort verstehen, das sich schon seit sechs Jahren in meinem Wortschatz befindet. „Das geht auch im In-ter-net“ Wir sind das gewohnt, Pia erklärt entschlossen, warum das dort nicht geht und dass sie sich bewusst entschieden hat, das hier zu machen. Im Nachhinein wäre sie gerne wortlos gegangen.



Am Wochenende wollten wir spät abends noch ein Eis kaufen. Die Eisdiele unseres Vertrauens war noch offen, viele Sorten aber leider aus. Wir sind dran, fragen höflich ob sie noch Eis verkaufen, was denn noch da ist, woraus die Sorte besteht. Eismensch versteht alles, antwortet auf Englisch. Wir geben auf Französisch unsere Bestellung an, Eismensch versucht es noch einmal auf Englisch. Wir zahlen und bedanken uns, jetzt hat auch er verstanden, dass er auch einfach auf seiner Muttersprache mit uns reden kann.



Ich gehe mit Charles in eine Bar, wir treffen ein paar Freunde. Nachdem ich als „Die Deutsche“ vorgestellt wurde, ein Mädchen mit mir in Zeitlupe geredet hat, ich mir zehn Naziwitze angehört habe, alle vor Erstaunen umgekippt sind, als ich gesagt habe, dass ich das deutsche Bier nicht mag und noch nie auf dem Oktoberfest war, und ich mir sogar zwei Videos von deutschen Jodlern angucken musste, überlege ich, mich im Bier zu ertränken, um mir nie wieder anhören zu müssen, welchen einsamen sinnlosen Satz mein Gesprächspartner nach elf Jahren Deutschunterricht sagen kann. Dabei denke ich frustriert darüber nach, dass Luise nach dreieinhalb Jahren in Frankreich natürlich immer noch Akzent hat und kleine Fehler macht und Carlos, Argentinier mit sehr gutem Französisch und französischem Masterabschluss, von seiner Praktikumssuche erzählt, dass sie alle lieber einen Franzosen einstellen wollen.



Ich serviere in der Cafeteria, erzähle den zwei Kunden, was es noch für Sandwiches gibt, was wir nicht mehr haben und warum, dass es ihr Wunschgetränk nur noch in Zimmertemperatur im Lager gibt, und biete ihnen ein anderes an. Den Satz „Okay, ich nehme zwei“ verstehe ich akustisch nicht, frage noch einmal nach. „Zwei…. TWO“ kommt vom Kunden zurück und er zeigt die Zahl mit der Hand.



Ich gehe in ein Geschäft, stelle eine Frage. Antwort: „Oh, du bist aber nicht von hier, woher kommst du denn?“

Mit Pia am Meer
Internationaler Abend mit auch Leuten von den ICAM Filialen Nantes, Toulouse und Paris



8.      Welche Klischees über le Noooooooord wirklich stimmen.



Ja, es gibt wirklich Leute, die Ch’ti sprechen, aber natürlich mehr auf dem Land in der Familie. Es wurde uns natürlich auch vorgeführt und uns einige Vokabeln beigebracht. Nein, es regnet hier nicht immer, eigentlich wirklich selten. Und die Nähe zum Meer sorgt auch für milde Temperaturen im Winter. Ja, es wird wirklich viel Bier getrunken. Ja, Gastfreundschaft ist scheinbar echt nicht unwichtig. (Da erinnere ich mich an ein Erlebnis auf dem Land, als die Großeltern eines Freundes etwa acht Freunde ihres Enkels an einem Sonntagmittag zu sich ins Haus luden und uns nicht eher gehen ließen, bis jeder von uns mindestens zwei Gläser getrunken und all ihre Cracker gegessen hatten.) 

La Grand' Place in Lille
Mit Charles am Meer
Zitadelle von Montreuil-sur-mer
Bei Calais
In Lille


9.      In Frankreich zu studieren ist vielleicht doch eine Überlegung Wert.



Mir persönlich sogar nicht nur eine Überlegung, sondern sogar die Umsetzung. Ich mag das Land, ich mag die Leute, ich mag sogar das Studiensystem. Ich mag die Sprache, ich mag die Mentalität und die Atmosphäre und ja, ich mag auch Charles. Und obwohl ich diese Ausländermomente hasse, muss ich auch sagen, dass ich mich in diesem Land auch zuhause fühle. Es ist ja auch nicht so, als würde ich in Deutschland nicht dauernd gefragt werden, wo ich denn herkomme, für meine Unpünktlichkeit und die Art, meinen Käse zu essen, als Franzose abgestempelt werden, und dauernd meinen Nachnamen erklären müssen, inklusive Buchstabierung und Familiengeschichte. Und obwohl ich vermutlich noch viele im-Bier-ertränken-Momente erleben werde und Deutschland vielleicht immer oder noch eine Weile meine Heimat Nummer eins bleiben wird und Deutsch die Sprache, in der ich mich am besten ausdrücken kann, ist es angesichts meiner doppelten Staatsbürgerschaft und meines doch immer engen Bezugs zu Frankreich vielleicht mittlerweile übertrieben, von Ausland zu sprechen. 


Das neue Sciences Po Gebäude - meine zukünftige Uni

Montag, 12. Juni 2017

La cuisine lilloise



Übers Essen wollte ich schon immer schreiben und das ist die letzte Gelegenheit. Die nordfranzösische Küche ist sehr reichhaltig, käse-, fleisch-, bier- und kartoffellastig und hat sich viel von den Belgiern abgeguckt. Es schmeckt alles sehr gut, aber ich habe selten jemanden einen ganzen Teller von einem dieser Gerichte aufessen sehen. Am besten kostet man sie in traditionellen Gaststätten, den Estaminets.



Maroilles


Der Maroilles ist ein eckiger, orangener Weichkäse aus Kuhmilch, der während seiner viermonatigen Reifephase regelmäßig gebürstet und mit Bier gewaschen wird. Er ist einer der ältesten Käse Frankreichs (wird seit dem 7. Jahrhundert hergestellt) und DER Käse aus der Region. Und obwohl er sehr stark ist, wird er in so einige Gerichte mit reingehauen. Zu erwähnen ist hier unbedingt die „tarte au maroilles“, eine Quiche mit viel Maroilles.



Pommes


Gerade, wenn aufs Land fährt, trifft man in jedem noch so kleinen Dorf auf eine Frittenbude, egal wie nah die nächste ist und egal, dass das Angebot bei allen genau gleich ist. Dazu gibt es alle erdenklichen Soßen, und natürlich habe ich auch schon eine Maroilles-Soße gefunden.



Moules-frites


Besonders beliebt zur Braderie im September, aber nicht nur dann. Erst ist es eine kleine Herausforderung, sie ordentlich zu essen, ohne sich komplett mit Soße zu beschmieren, aber das lernt sich schnell. Die bekanntesten Zubereitungsarten sind Natur (nur mit Gemüsebrühe), Meer (Weißwein und Zwiebeln), Crème und natürlich Maroilles, dann mit einer sehr starken Maroillessoße. Alle Varianten schmecken gut, aber oft habe ich nach der Hälfte Lust, eine andere Variante zu probieren. Die Miesmuscheln werden meistens in einem 1kg-Topf serviert, mit Pommes daneben.





Carbonade flamande


Auch die flämische Karbonade kommt mit Pommes: Rindfleisch geschmort mit Zwiebeln, Senf, Gewürzbrot und Bier. Das Besondere ist hier vor allem  der süß-saure Geschmack auf Grund des Bieres einerseits und des Gewürzbrotes und der mit Rohrzucker karamellisierten Soße andererseits.

flämische Karbonade im Vorder-, Welsh im Hintergrund


Welsh


Der Welsh ist so typisch für die Region, dass man ihn unbedingt einmal gegessen haben muss, aber ich esse ihn bestimmt kein zweites Mal. Es handelt sich um Toastbrot und Schinken, großzügig in einem Meer von mit Bier und Senf verfeinertem Käse ertränkt. Meist kommt dann noch ein Spiegelei oben drauf, und Salat und Pommes oder Ofenkartoffeln dazu. Ich glaube, ich habe noch nie etwas Reichhaltigeres gegessen und mich noch nie so sehr über Salat als Beilage gefreut.



eine Demonstration des Käsemeers


Bier


Zu jedem dieser Gerichte gehört ein kühles nordfranzösisches oder belgisches Bier serviert. Hier findet man vor allem obergärige Biere, insbesondere die „Blondes“, mit hohem Alkoholgehalt (meist so um die 8%) und fruchtigem bis würzigen Charakter - kurzgesagt, um mich mit meinem fehlenden Wissen nicht zu blamieren - schmeckt mir persönlich das Bier hier einfach besser als in Deutschland und ich bin damit lange nicht die einzige. Am liebsten trinke ich es allerdings zu einer typisch französischen „Planche Apéro“.





Waffeln


Wo wir gerade bei typisch französisch sind: Hier begegnet man tatsächlich weitaus weniger Crêpes als Waffeln, vor allem die belgischen. Spezialität sind hier allerdings auch kleinere, flache, platt gedrückte Waffeln, mit Füllungen wie Buttercreme, Vanille oder Spekulatius.



Spekulatius


Wer denkt, Spekulatius sei etwas typisch Deutsches, der irrt, denn ursprünglich kommt es mal wieder aus Belgien und hat damit auch wieder einen großen Einfluss auf Nordfrankreich. Spekulatius ist hier überall: in den kleinen Waffeln, auf den großen Waffeln, in Keksform, als Brotaufstrich, als Eissorte, im Kakao, überall. Ein Glück, denn es ist echt eine Bereicherung.



Merveilleux


Und noch ein Dessert, das wir den Belgiern verdanken: Les Merveilleux. In Nordfrankreich ist das Rezept aber etwas abgewandelt: Statt Sahne umgibt hier eine (Schokoladen-) Buttercreme die Baisers. Das gleichnamige Geschäft „Aux Merveilleux“ hat mittlerweile expandiert und ist den Angaben unserer Mitfreiwilligen zumindest auch in Elsaß und Lorraine zu finden. In Lille ist beim Thema Patisserie „Meert“ das bekannteste Geschäft.





Es gibt noch einige weitere Spezialitäten, z.B. Potjevleesch (so ein Fleischmix-Eintopf. Aber ich habe ja noch ein paar Jahre Zeit, dass zu probieren...