« Kein Bier vor vier », daran wird sich gerade
noch gehalten, aber generell beginnen die Leute hier ihren Abend viel früher
als in Berlin. Außerdem wird viel unter der Woche gefeiert. Am Wochenende ist
es sogar eher ruhiger, weil da ja viele Studenten ihre Familien besuchen und
von der Woche erschöpft sind. Einmal wurde sogar ein Geburtstag unter der Woche
nachgefeiert. Und auch sonst finden andauernd Partys unter der Woche statt, und
wenn nichts veranstaltet wird, geht man halt selber mit ein paar Leuten aus.
An der Uni selbst läuft auch manchmal was: Es gibt die icam-bar,
in der ich erst einmal war, aber wo man angeblich sehr gut neue Leute
kennenlernen kann. Zudem wird einmal im Monat eine Party in der Aula
veranstaltet, die immer unter irgendeinem Motto steht. Letztes Mal hatte dieses
Motto irgendetwas mit Tierhäuten und Steinzeit zu tun, ich habe das nicht so
ganz geblickt, aber lustig war es trotzdem.
Was übrigens das anfangs erwähnte Bier betrifft: Die
Studenten sind alle der Überzeugung, dass das Bier hier besser ist als das
deutsche. Ich würde das so nicht sagen, aber ganz Unrecht haben sie trotzdem
nicht. Hier gibt es wirklich richtig gutes Bier, insbesondere die vielen
belgischen Sorten. Trotzdem beschränkt sich das Angebot eher auf helles Bier,
während man in Deutschland einfach noch viel mehr Auswahl hat. So oder so,
niemand bleibt hier Biergegner, selbst ich nicht. Deutscher Alkohol ist hier
aber generell eher rar zu finden. Jägermeister („jägerbombe“ wie hier gesagt
wird) gibt es z.B. nur in einer einzigen Größe, und das dann recht teuer.
Das ist wirklich nicht die beste, aber die erste Bar, in der
wir waren: Les Pirates. Hier haben wir auch unsere ersten Aquarien getrunken:
Ein großes Glas Cocktail mit Süßigkeiten darin und mehreren Strohhalmen, denn
ein Aquarium teilt man besser mit drei bis fünf Freunden. Die meisten Aquarien
finde ich persönlich zu süß, aber es gibt auch ein paar gute und es ist immer
lustig, sich darin zu batteln, wer am besten die Süßigkeiten aus dem Aquarium
in seinen Mund befördern kann ohne die Hände zu benutzen. Die Unterwäsche, die oben auf der Leine hängt, hat übrigens folgendes zu bedeuten: Wenn ein Mädchen ihre Unterwäsche dazuhängt, gibt es ein Aquarium umsonst.
Ansonsten gibt es einige coolere Bars. Meine liebsten Bars
sind bisher eine afrikanische Bar, die richtig guten Rhum anbietet, und eine
Kneipe, in der manchmal Bands live spielen und wo auch Pia schon einmal
gesungen hat. In beiden Bars gibt es guten Alkohol und eine coole Atmosphäre,
aber vielleicht mag ich sie auch deshalb besonders gern, weil ich in beiden
Bars sehr schöne Abende verbracht habe. An Gelegenheiten, immer neue Bars
kennenzulernen, soll es aber nicht mangeln. Lille ist und bleibt eine
Studentenstadt und das Nachtleben kann sich sehen lassen.
Der Smile ist tatsächlich der einzig richtige Club, in dem
ich war. Er ist, glaube ich, der nächste Club von uns aus, hat jeden Tag offen und
der Eintritt ist immer kostenlos. In der unteren Etage wird eher Elektro
aufgelegt, in der oberen Etage gibt es alte Songs aus den letzten paar
Jahrzehnten. Das ist oft super lustig, solange es hauptsächlich englische
Lieder sind. Wenn dann aber manchmal fünf französische Lieder am Stück gespielt
werden, ist es wirklich nervig, dass wir weder Text noch Takt kennen. Einige
Lieder haben wir jetzt aber schon so oft gehört, dass wir anfangen, den Text zu
lernen, z.B. von der „chanson du nord“. Da kommt dann bei den Franzosen immer
ein besonderes Feeling auf. Generell herrscht dort eine gute Atmosphäre und das
Publikum wird von jungen Studenten dominiert; das macht das Erlebnis ganz
angenehm.
Da wird dann auch wirklich allen Ernstes Rock getanzt. Das
ist echt cool, aber für Pia und mich immer noch eine Kuriosität. Wenn dann
jemand mit uns tanzen möchte, müssen wir uns immer die Blöße geben, unsere
miserablen Rockkenntnisse zu offenbaren. Das macht aber nichts, denn der Mann
führt ja und beim Feiern macht alles Spaß. Ich erwarte trotzdem sehnsüchtig den
Tag, an dem ich tanzen kann wie alle hier und ich hoffe, das werde ich dieses
Jahr noch annähernd erreichen.
Alles in allem gibt es sicherlich bessere Clubs, aber ein
Besuch im smile ist eigentlich immer lustig, insbesondere wenn man mit den
richtigen Leuten da ist. Ich werde auch mal andere Clubs ausprobieren, aber
bisher waren sich unsere Freunde und Bekannte hier einfach zu uneinig in ihren
Empfehlungen.
PS: Nein, noch schlechtere Fotos habe ich nicht gefunden.
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